GNU/Linux
Mein Weg zum Pinguin
Meine ersten Gehversuche mit dem freien Betriebssystem waren von wenig Erfolg gekrönt. Damals (um 1998) hatte ich meinen Computer überwiegend zum Videoschnitt eingesetzt, eine Disziplin, unter der mit GNU/Linux nicht viel zu machen war.
Das Internet war ebenfalls sehr neu für mich und für meine drahtlose ISDN-Karte gab es ausschließlich Windows 9x-Treiber. Also hatte ich zwar ein lauffähiges GNU/Linux-System, mit dem ich aber nicht wirklich etwas anfangen konnte. »Das ist halt nicht das Richtige für mich« war mein Resumee.
Geändert hat sich diese Meinung, als mir einige Zeit später (Anfang 2001) ein GNU/Linux-Buch in die Hände fiel, das meine Experimentierfreude geweckt hat. Also habe ich mir den alten 486 (1 GB Plattenkapazität, 20 MB RAM) geschnappt, SuSE 6.4 ein weiteres Mal installiert und dieses Buch Stück für Stück mit Begeisterung durchgearbeitet.
An eine grafische Oberfläche war verständlicherweise nicht zu denken (allein der Monitor schaffte nur maximal 480x600 Pixel bei 16 Farben) und so blieb mir nur der Weg, das Betriebssystem über die Kommandozeile zu erkunden. Wie ich im Nachhinein feststellen muss, ein durchaus sinnvoller Weg, will man sein System schnell und flexibel warten.
Was als Spieltrieb angefangen hat, hat sich mittlerweile zu mehr als einem Hobby entwickelt. Ich nutze inzwischen GNU/Linux auf meinem Desktop-Rechner, meinem Notebook, meinem Router und auf einem separaten Computer als Fileserver. Dies macht einen der entscheidenden Vorteile von GNU/Linux aus: die Flexibilität, mit der sich dieses System einsetzen lässt.
Ist denn da nicht alles sehr viel komplizierter?
»Komplizierter« ist ein sehr relativer Begriff. Eigentlich sollte man eher von »anders« sprechen. Gerade wenn man ein anderes Betriebssystem gewohnt ist, weil man es bisher immer genutzt hat, muss man sich an einige neue Konzepte gewöhnen. Allerdings gilt diese Tatsache für jedes Betriebssystem, das man neu kennenlernt.
Darüber hinaus sollte man zwischen der Anwendung und der Administration eines Computersystems unterscheiden. Von der Anwendung her unterscheidet sich GNU/Linux (mit einer entsprechenden grafischen Oberfläche wie KDE oder gnome) nur wenig von anderen modernen Betriebssystemen - Icons zum Starten von Programmen und Öffnen von Dateien, Fenster mit Menüs, Datei-Manager usw.
Was die Administration angeht, sieht es ein wenig anders aus: Zum einen ist die Auswahl an von GNU/Linux unterstützter Hardware nach wie vor kleiner als bei anderen Betriebssystemen. Man kann sich eine Menge Frust und Arbeit sparen, wenn man vor dem Kauf auf die GNU/Linux-Untertützung achtet. Zum anderen sind viele Features von Hause aus deaktiviert. Das erhöht einerseits die Sicherheit, bedeutet aber andererseits, dass man sich für die eine oder andere Funktion zunächst einmal zumindest mit ihrer grundsätzlichen Funktionsweise auseinandersetzen muss, bevor man sie nutzen kann. Um Missverständnisse zu vermeiden: Es ist heute definitiv nicht mehr erforderlich (wenn auch ab und an hilfreich), seinen Computer bis ins letzte Schräubchen kennen zu müssen. Nahezu alle Konfigurations-Aufgaben lassen sich bequem mit den entsprechenden Tools der jeweiligen Distribution erledigen.
Was ist denn eine »Distribution«?
Das Wort Linux allein meint streng genommen nur den Kern des Betriebssystems (den sogenannten Kernel). Dieser reicht zwar aus, um das System laufen zu lassen, besitzt aber keine Möglichkeiten, Daten oder Befehle entgegenzunehmen oder auszugeben. Für diese Aufgaben ist zusätzliche Software notwendig, die üblicherweise aus dem GNU-Projekt stammt - daher die formal korrektere Bezeichnung GNU/Linux.
Es ist zwar möglich, jede einzelne notwendige Software eigenhändig herunterzuladen, zu kompilieren, zu installieren und zu einem laufenden Gesamtsystem zusammenzubauen, der Aufwand hierfür ist aber immens und sicherlich nicht für jedermann machbar. Deswegen gibt es die Distributoren, die dem Anwender genau diese Arbeit abnehmen. Alle Programme werden fertig kompiliert auf CDs gebrannt und zusammen mit Handbüchern in bunte Kartons gepackt.
Frei = kostenlos?
Ein häufiges Missverständnis, wenn es um GNU/Linux im Speziellen oder freie Software im Allgemeinen geht, ist die Unterscheidung zwischen kostenlos und frei. Freie Software ist nicht zwingend kostenlos und umgekehrt. Freie Software (im Sinne der GNU General Public License) berechtigt seinen Besitzer dazu, diese Software zu installieren (auf beliebig vielen Computern), zu nutzen (privat und kommerziell), weiterzugeben (auch gegen Bezahlung) und sogar sie zu modifizieren. Die einzige Einschränkung der GPL tritt beim letzten Punkt auf: sobald jemand eine modifizierte Version der Software verbreitet, muss er oder sie diese neue Version ebenfalls unter die GPL stellen und den Quellcode verfügbar machen.
Mit kostenloser Software hat dies wenig zu tun. Auch wenn ich ein Programm kostenlos erhalten kann, bedeutet dies nicht unbedingt, dass ich es auch weitergeben geschweige denn modifizieren darf.
Und was ist so toll an »Freiheit«?
Das Konzept der Entwicklung freier Software ist einzigartig. Jeder ist eingeladen, sich einzubringen, zu programmieren, zu dokumentieren, zu übersetzen oder zu testen. Die Anstrengungen aller fließen wieder in die Community ein, aus der sich wiederum jeder bedienen kann.
Die Vorteile dieses Entwicklungsmodells liegen auf der Hand:
- Offene Schnittstellen ermöglichen Interoperation zwischen beliebigen Programmen
- Software wird in der Regel sorgfältiger programmiert, da kein wirtschaftlicher Zwang eine Veröffentlichung zu einem bestimmten Termin fordert. Außerdem möchte ein OpenSource-Entwickler möglichst guten Code beisteuern, da er weiß, dass dieser offen einsehbar ist.
- Es fließen mehr unterschiedliche Ideen, Meinungen und Sichtweisen in die Entwicklung ein
- Durch frei verfügbare Quellcodes erhält der Anwender Einblick in die Abläufe innerhalb seines Computers (das System wird transparent)
- Unabhängigkeit von Firmen - eine freie Software kann jederzeit von jedermann verbessert und weiterentwickelt werden
Was der interessierte User mitbringen sollte
- Spaß daran, sich mit seinem Computer auseinanderzusetzen
- Bereitschaft, die eine oder andere Dokumentation zu lesen
- Englisch-Kenntnisse sind nicht zwingend notwendig, mitunter aber sehr hilfreich